Gastbeitrag von Markus Krause
Mehr als ein PR-Pitch ist durch Lampenfieber und schlechte Präsentation verloren worden / Ein wenig bekanntes, aber bewährtes Rhetorik-Programm bietet die Non-Profit-Organisation Toastmasters International
Wer Kommunikationsdienstleistungen anbietet, hat ein Problem: Er muss souverän kommunizieren können. Denn jeder potenzielle Kunde möchte davon überzeugt werden, dass er einen fähigen Kommunikator und Storyteller vor sich hat. Insofern ist die klassische Pitch-Präsentation, die immer noch den allermeisten PR-Aufträgen vorausgeht, eine Arbeitsprobe.
Schlecht, wenn sich der potenzielle Kunde nicht überzeugen lässt, weil der Präsentator wenig souverän auf der Bühne agiert (und dann vielleicht auch noch eine überfrachtete PowerPoint vorliest). Da fragt sich der potenzielle Kunde schnell, ob der Kommunikator seine Botschaft professionell wird verbreiten können.
Der (Junior-)PR-Berater hingegen hat das Problem, dass er seiner Sache zwar sicher, aber die Situation einfach ungewohnt ist, denn eine Pitch-Präsentation hält man nicht jede Woche. Und schließlich ist Lampenfieber ganz normal – es läuft das steinzeitliche Programm des „fight or flight“.
Was fehlt, ist demnach rhetorische Praxis, um den Teufelskreis: „Ich spreche nicht so gerne öffentlich, daher vermeide ich öffentliches Reden. Und daher fehlt mir die Praxis, wenn sich öffentliches Reden sich überhaupt nicht mehr vermeiden lässt, daher bin ich unsouverän“ zu durchbrechen.
Ideal wäre also ein „Trainingsgelände“, auf dem man sich rhetorisch ausprobieren kann, ohne dass gleich der Auftrag weg ist, weil eine Präsentation missglückt ist.
In Deutschland wenig bekannt, gibt es genau das bereits seit über 90 Jahren: Toastmasters International. In vielen deutschen Städten gibt es Toastmaster-Clubs, in München sogar neun. Sie alle lassen sich mit Treffpunkten und Anfangszeiten über die Clubsuche auf der Toastmasters-Website recherchieren. Für Münchner PR-Berater könnte der deutsch-englische Club die Munich Media Speakers besonders interessant sein; in Hamburg sind zum Beispiel die Hanseredner der größte deutschsprachige Toastmasters-Club der Stadt.
Die Non-Profit-Organisation Toastmasters International verfolgt das Ziel, Menschen rhetorische Fähigkeiten zu vermitteln und die Angst vor der Bühne zu nehmen. Ganz nebenbei lernen Teilnehmer auch noch Führungsqualitäten, konstruktiv Kritik zu üben und stärken ihr Selbstvertrauen.
Das Prinzip ist so einfach wie bestechend und weltweit einheitlich – auch wenn jeder der etwa 13.000 Clubs weltweit seine Eigenheiten und seinen gewachsenen Charakter hat:
In einem festen Rahmen werden vorbereitete Reden gehalten, die bestimmten rhetorischen Anforderungen entsprechen müssen – etwa klare Gliederung, klare Ausdrücke, stimmliche Vielfalt, lebhafte Körpersprache. Die Wahl des Inhalts dagegen ist frei – er muss nur angemessen vorgetragen werden.
Jeder Redner erhält auf seine Reden eine individuelle Feedback-Rede, in dem ein anderer Toastmaster ausführt, was seiner Meinung nach gelungen ist und wo er noch Verbesserungspotenziale sieht. Es gibt kein „bestanden“ oder „nicht bestanden“, sondern nur Hinweise darauf, was der Redner oder die Rednerin beim nächsten mal stärker beachten könnte, um größere Wirkung beim Publikum zu erzielen. Und der Bewerter lernt, genau zuzuhören, in kurzer Zeit eine Rede zu entwerfen und ohne Vorbereitung zu halten.
Ein weiteres wichtiges Element sind so genannte Stegreifreden. Je nach Redner geliebt oder gefürchtet. Bei Stegreifreden geht es darum, auf Stichwort ein bis zwei Minuten spontan zu sprechen – mit keiner weiteren Vorbereitung als 30 Sekunden Bedenkzeit.
Um diesen „Kern“ aus vorbereiteten Reden, Stegreifreden und Feedback-Reden herum gibt es noch eine Reihe weiterer Aufgaben, die zunächst banal klingen mögen, aber auch Menschen mit großer Redeangst ermöglichen, ihre rhetorischen Fähigkeiten auszubauen: Äh-Zähler, Zeitnehmer oder Sprachstilbewerter. Denn jede dieser Aufgaben ist mit Reden vor Publikum verbunden.
Äh-Zähler, Zeitnehmer und Sprachstilbeobachter sind die Einstiegsdrogen in ein Programm, das aus etlichen Stufen besteht, die nach eigenem Ehrgeiz und den Lebensumständen schneller oder langsamer genommen werden können. Das Ende ist der Distinguished Toastmaster, der für Dutzende gehaltene Reden und jahrelanges Engagement für die Organisation auf verschiedenen Ebenen verliehen wird.
Was langwierig und lästig klingen mag, ist das Gegenteil. Durch das positive Feedback wird der Toastmaster ständig ermutigt, sich weiter zu verbessern und hat viele Erfolgserlebnisse. Schon wenige Monate, nachdem man das Amt des Äh-Zahlers ausgefüllt hat, kann man souverän durch den Abend führen, weil man viel von seinem Lampenfieber verloren hat.
Und ist man erst einmal so weit gekommen, klappt es auch mit dem souveränen PR-Pitch.
Der Autor, Markus Krause, ist selbstständiger PR-Berater in Hamburg und im Turnus 2013/2014 Präsident des dortigen Toastmasters-Clubs Hanseredner.
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