Die Paralympics stehen vor der Tür: Lange hat sie darauf hingearbeitet, jetzt ist es endlich so weit. Die unterschenkelamputierte Para-Radfahrerin und deutsche Medaillenhoffnung Denise Schindler macht sich auf den Weg zu den Paralympischen Spielen (Paralympics) ins brasilianische Rio de Janeiro. Die Vorfreude ist groß, die Aufregung auch, die Motivation so hoch wie nie. Ein ereignisreiches Jahr mit vielen Wettkämpfen und harten Trainingslagern liegen hinter ihr. Jetzt fügen sich alle Puzzlestücke zusammen.
Wettkampftechnisch ging es für Denise das erste Mal im März hoch her, bei der Bahn Weltmeisterschaft in Montichiari, Italien. Die Para-Radfahrerin bekam dort einen Vorgeschmack auf ihre starke internationale Konkurrenz, brachte aber in allen drei Disziplinen (Verfolgung, Zeitfahren, Scratch-Race) Edelmetall nach Hause – zweimal Silber und einmal Bronze. Im Mai ging es dann mit dem Medaillenerfolg weiter. Bei der Bayerischen Meisterschaft fuhr Denise gleich zwei Mal Gold ein und bei der Deutschen Meisterschaft holte sie Gold im Zeitfahren und Silber im Straßenrennen. Höhepunkt des Monats war der Weltcup im belgischen Ostende, bei dem sie eine Silber- und eine Goldmedaille erradelte. „Dass ich bei allen wichtigen Rennen in diesem Jahr Medaillen geholt habe, gibt mir natürlich viel Aufwind. Ich konnte mich national und international messen und schon einmal vorfühlen, wie die Chancen in Rio für mich stehen“, meint Denise Schindler.
Für diese Siege – und natürlich vor allem für Rio – hieß es für die Parasportlerin: trainieren, trainieren, trainieren. Erster Stopp auf ihrer Road to Rio war ein dreieinhalb-wöchiges Trainingslager im südafrikanischen Stellenbosch. „Südafrika war perfekt dafür. Zum einen konnte ich mich durch die Wärme schon etwas auf die klimatischen Bedingungen in Brasilien vorbereiten und zum anderen ist Stellenbosch wirklich ein Eldorado an Streckenmöglichkeiten – lang, kurz, flach, bergig – alles ist möglich. Damit konnte ich auch alle technischen Aspekte wunderbar trainieren“, sagt Denise. Im Februar und April ging es dann ins Trainingslager auf Mallorca, um ihre Qualitäten auf der Straße zu verbessern. Da Denise in Rio aber nicht nur im Straßenrennen antritt, sondern besonders in ihrer Paradedisziplin der 3.000 m Verfolgung auf der Bahn glänzen will, verbrachte sie auch viel Zeit beim Bahntraining. Dafür war ihr zweites Zuhause in diesem Jahr der Olympiastützpunkt Brandenburg in Frankfurt/Oder. „Ich habe große Fortschritte auf der Bahn gemacht und es war toll für mich, dort auch mit dem Olympia-Kader trainieren zu können. Ich fühle mich bestens gewappnet für Rio und hoffe natürlich auf eine Medaille“, freut sich Denise. Um ihrem Körper noch einen Extra-Boost zu geben, verbrachte sie im Juni eine Woche in Livigno und im August noch ganze drei Wochen in St. Moritz im Höhentrainingslager. „Der Sauerstoffmangel beim Höhentraining bewirkt, dass der Körper dazu angeregt wird, verstärkt rote Blutkörperchen zu produzieren. So kann mein Körper mehr Sauerstoff aufnehmen und transportieren – im Ausdauersport ist das natürlich von großem Vorteil“, weiß Denise.
Aber nicht nur sportlich ist Denise Schindler auf der Überholspur, sondern auch beim Thema neue Technologien: Sie arbeitet gemeinsam mit dem Softwareunternehmen Autodesk an einem Verfahren, durch das Sportprothesen schneller, passgenauer und günstiger produziert werden können. Aktuell ist das Anpassen einer Sportprothese ein langwieriger und aufwendiger Prozess. Solche Prothesen müssen nämlich genau passen, da selbst kleinste Druckstellen zu schmerzhaften Verletzungen führen können. Sie sind dadurch sehr teuer und werden zudem nicht von den Krankenkassen bezahlt – für Breitensportler sind sie so zumeist unerschwinglich. Beim neuen Verfahren wird der Stumpf zunächst mit einem Laserscanner erfasst. Auf Grundlage des so entstandenen digitalen Abbilds wird anschließend in der digital ein Prothesen-Aufsatz modelliert und mit einem 3D-Drucker ausgedruckt. Mittlerweile wurde das Verfahren schon so gut weiterentwickelt, dass Denise die erste Sportlerin sein wird, die bei den Paralympics mit einer Prothese aus dem 3D-Drucker an den Start gehen wird. Damit schreibt sich nicht nur als Athletin Geschichte, sondern setzt auch einen neuen Meilenstein in der Prothesenherstellung.
von Andrea Plücke
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